Alle Politiker instrumentalisieren! Ständig! Jederzeit!

Von | 11. Januar 2015

In den vergangenen Tagen wurde wieder vermehrt das Wort „instrumentalisieren“ in die Öffentlichkeit geworfen – im Hinblick auf die Ermordung von 12 Menschen in der Redaktion des Satiremagazins „Charlie Hebdo“ wurde Gruppen wie „Pegida“ vorgeworfen, den schrecklichen Vorfall für Ihre Zwecke instrumentalisieren.
Doch wer instrumentalisiert hier denn eigentlich? Die ersten Statements deutscher Politiker zu diesem Verbrechen bezogen sich nicht auf die schreckliche Tat, auch nicht darauf, den Opfern Mitgefühl auszusprechen, sondern es ging sofort darum, daß man verhindern müsse, daß jetzt hier islamkritische Gruppen Zulauf bekämen. Auch hier wurde und wird instrumentalisiert, wenn Demonstranten als „widerlich“ und „beschämend“ beschimpft werden, weil sie eine schwarze  Binde für die Opfer tragen wollen. Diese Demonstranten sind allemal glaubwürdiger, als beispielsweise eine Claudia Roth, die sich mit betroffener Miene mit einem „Je suis Charlie“-Shirt („Ich bin Charlie“) fotografieren lässt. Frau Roth wäre die allererste gewesen, die „Islamhetze“ und „Schande“ gerufen hätte, wäre ein deutsches Satiremagazin mutig genug gewesen, Karikaturen von Art und Härtegrad zu bringen, wie es die Franzosen mehrfach taten. Es wird in diesen Tagen neben echter leider auch sehr viel verlogene Betroffenheit zur Schau gestellt, und zwar von allen Seiten der Politik.
Und damit kommen wir zum Kern der Sache: Es ist ureigenste Aufgabe von politisch tätigen Menschen, aktuelle Geschehnisse aufzugreifen und sie in seinem eigenen Meinungskontext zu bewerten! Hat man der Anti-Atomkraft-Bewegung vorgeworden, Tschernobyl zu instrumentalisieren? Hat die Regierung Merkel die Tragödie Fukushima für ihre Zwecke genutzt, um uns eine „Energiewende“ aufzuzwingen? Was ist mit Thomas de Maiziere, der jetzt wieder lautstark eine schnelle Einführung der Vorratsdatenspeicherung fordert? Ist er nicht derjenige, der versucht, die Angst zu nutzen, die dieser Terrorakt verursacht hat?
Sehr viele politische Entscheidungen wurden uns in den letzten Jahren als „alternativlos“ verkauft – und immer wurde dabei eine Krise oder Notsituation „instrumentalisiert“ – insofern sollten die schrillen Ankläger von heute erst einmal ihr eigenes Handeln von gestern betrachten.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert