6 Millionen Stimmen für die Tonne!

Von | 24. September 2013

Die Bundestagswahlen 2013 sind Geschichte – es gab Sieger und Besiegte, Freude und Tränen, so wie es jedesmal ist, wenn der Souverän gesprochen hat. Doch eines ist in diesem Jahr anders, denn es zeigt sich ziemlich deutlich, daß ein Instrument, welches einst zum Schutz der Demokratie in das Bundeswahlgesetz geschrieben wurde, diese inzwischen ad absurdum führt: Die Fünf-Prozent-Hürde.
Unabhängig davon, ob man der ein oder anderen Partei das Scheitern an selbiger gönnt oder nicht, bei einem Wahlausgang wie am letzten Sonntag entsteht eine Unwucht, die bedenklich ist. Über 15% der abgegeben Stimmen wurden durch die Klausel entwertet, also weitaus mehr Stimmen, als Parteien wie die Grünen und die Linke erhalten haben.
Man kann nicht im Vorfeld der Wahlen betonen, wie wichtig es ist, sein Wahlrecht zu nutzen, weil dies doch den Kern der Demokratie ausmacht – und dann nach der Wahl weit über 6 Millionen Menschen zu sagen „Deine Stimme kommt in die Tonne!“. Da soll sich niemand wundern, wenn diese Wähler beim nächsten Mal zuhause bleiben.
Ein weiterer Effekt dieser Regelung ist, daß bei den Parteien, die es über die Hürde geschafft haben, ganze 42% Prozent genügen, um eine parlamentarische Mehrheit im Bundestag zu bekommen – was dazu führte, daß die CDU beinahe eine absolute Mehrheit bekommen hätte bzw. SPD, Grüne und Linkspartei nun mit zusammen 42,7% eine theoretische Mehrheit haben.
Tatsächlich hatte es unter dem Eindruck der Weimarer Republik einen Sinn, nach dem Krieg eine solche Sperrklausel einzuführen und auch heute ist sicher wünschenswert, daß nicht 20 Parteien im Bundestag vertreten sind. Aber angesichts der heutigen Entwicklung der Gesellschaft und der Parteienlandschaft wäre es an der Zeit, eine breite Diskussion über die Höhe des Sperrwertes zu führen. Ein Wert von 2-3% müsste ausreichend sein, um einem chaotischen Durcheinander im Parlament vorzubeugen und gleichzeitig eine Meinungsvielfalt zu gewährleisten, die unsere heterogene Gesellschaft besser abbildet als die aktuelle Regelung. Auch viele unserer Nachbardemokratien wie Niederlande, Dänemark oder Österreich haben niedrigere Werte.
Wahrscheinlich wird es nicht dazu kommen, weil die großen Parteien CDU und SPD augenscheinlich kein Interesse daran haben, den Zugang zum Bundestag zu erleichtern – doch vielleicht ist das auch zu kurz gedacht, würden sich doch auch für die Großen wieder neue Koalitionsmöglichkeiten ergeben, an denen es heute so oft mangelt.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert